Mrz 12

Artikel in der Oberhessen Live am 24.02.2016

Das Onlinemagazin OberhessenLive hat über unser Büro am 24.02.2016 einen Artikel mit Interview abgefasst:

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24.02.2016 Alsfeld Panorama0

Copyright, Sicherheit: Das IT-Recht im Internet birgt Fallstricke – Der Alsfelder Rechtsanwalt Karsten Rößner zeigt Gefahren auf

Von Fehlern und Fallen mit dem Recht im Internet

ALSFELD (aep). Wer seinen Rechner hochgefahren hat und sich ins Internet begibt, der betritt auch ein Reich mit einer ganz eigenen gesetzlichen Landschaft. Es ist bunt und vielfältig – aber nicht ungefährlich. Der erste Fehler geschah vielleicht schon beim Schritt ins Netz, und spätestens, wenn man Dateien downloaded oder Websiten betreibt, kann es haarig und teuer werden. Einer, der davon ein Lied singen kann, ist der Alsfelder Anwalt Karsten Rößner. Er hat sich auch auf dieses verminte Gelände spezialisiert und erzählt im Gespräch, wo die Fallen liegen.

Im Dirsröder Feld, in der Liederbacher Straße zwischen technischen Betrieben, da wo man es gar nicht vermuten würde, hat der Rechtsanwalt zusammen mit der Kollegin Brigitte Merle im Jahr 2010 eine Anwaltsbürogemeinschaft gegründet: zwei helle Etagen, die ab dem Empfang den arbeitsamen Charme zweckmäßig ausgelegter Büros verströmen. Zwei Rechtsanwalt- und Notarangestellte sind dort beschäftigt, ein IT-Fachinformatiker und ein Betriebswirt arbeiten der Kanzlei zu. Es geht viel um Arbeits- und Familienrecht – inklusive Mediation übrigens – um Erbrecht und als echtes Spezialfach auch um Pferderecht. Letzteres ist ein Spezialgebiet von Brigitte Merle, die sich auskennt mit allen rechtlichen Fragen rund ums Pferd.

Auch das IT-Recht ist ein Schwerpunktbereich dieser Kanzlei – einer, der immer schwerer wird, verrät Karsten Rößner, der 2000 seine Kanzlei gründete. „Wir haben eine deutliche Zunahme, insbesondere im Bereich des Datenschutzes.“ Zu seiner Klientel zählen Betriebe, aber auch zunehmend Privatleute, die sich in den Fallstricken des Internets verheddert haben. Denn auch Privatleute sind immer mehr von dieser Rechtsthematik betroffen, sagt der Anwalt: „Das IT-Recht durchdringt immer mehr andere Bereiche. Auch im Privatleben.“ Häufigste Fehler, mit denen er sich auseinandersetzt: das Filesharing – landläufig gesagt: das Internet-Surfen – mit schlecht abgesicherten Datenleitungen und das leidige Thema Copyright. Es wird viel geteilt, kopiert und fremdgenutzt im Netz – und da fällt mancher auf den Bauch (siehe auch unten stehendes Interview: Gefahren im Internet). „Häufig geht es dabei um Anwendungsfehler.“

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Der Empfang im Bürotrakt mit den beiden Rechtsanwaltfachangestellten Madeleine Kömpf sowie Tanja Schäfer.

So wie aber auch das IT-Recht die gewerbliche Nutzung des Internets deutlich strenger handhabt, mache den Großteil seiner Tätigkeit die Beratung von gewerblichen Kunden aus: Unternehmen, die auf irgendeine Art mit dem Internet zu tun haben. Unter denen häufig zu finden: Händler, die im Netz Waren anbieten. Aber auch Unternehmen, die in eigenen Netzwerken sensible Daten bewegen. Da gebe es so viele Aspekte auch technischer Natur zu beachten, dass die Kanzlei einen eigenen IT-Techniker beschäftigt, der die technischen Anforderungen durchleuchtet. In dem Bereich kenne er sich ja auch nicht aus, sagt der Rechtsanwalt. Aber in technischen Mängeln liegen häufiger die Sicherheitsprobleme. „Da kann ich auf geballtes fachliches Knowhow zurück greifen.“

Kunden hat die kleine Kanzlei damit in ganz Deutschland – was ausgefüllte Arbeitstage für den Anwalt Rößner mit sich bringt. Zwei Gegebenheiten helfen ihm, erzählt er: Alsfeld liegt gut angebunden mitten in Deutschland. Und, da lacht der zweifache Familienvater: „Ich bin gut organisiert!“ Das helfe ihm, die Wochenenden frei zu halten. „Da bin ich bei meiner Familie.“

Das Interview:

Abstrakte Gefahren lauern im Internet

Das Internet und seine Nutzer beschäftigen die Gerichte zunehmend. Weil oftmals zu sorglos damit umgegangen wird – und die Gesetzgebung in vielen Fällen kompliziert ausfällt. Im Gespräch mit OL-Redakteur Axel Pries erzählt Rechtsanwalt Karsten Rössner, wo die größten Fallstricke lauern.

Herr Rößner! Sie sind auch auf IT-Recht spezialisiert. Welchen Stellenwert nimmt dieser Fachbereich denn bei Ihnen ein?

Einen sehr hohen Stellenwert. Es werden immer mehr Fachfragen auch nach IT-rechtlichen Gesichtspunkten beurteilt und zwar in Branchen, in denen man das nicht vermuten würde. Und die IT-Komponenten sind für Menschen jeden Alters von Relevanz.

Sind es vor allem Firmen, mit denen Sie umgehen? Oder sind das ganz normale Leute, die sich im IT-Recht verstricken?

Sowohl als auch. Also, wir haben Unternehmen, die wir beraten, weil sie zum Beispiel online ein breites Warensortiment vertreiben, aber auch Privatpersonen, die wegen Filesharing-Abmahnungen in Anspruch genommen werden und Hilfe brauchen.

Filesharing-Abmahnungen heißt…

Das bedeutet konkret, dass jemand sich in Netzwerken bewegt hat, in denen urheberrechtlich geschützte Werke ausgetauscht wurden. So etwas kann von Spezialisten mitgeschnitten werden, und die Urheber haben dann das Recht, dafür abzumahnen und Schadensersatz geltend zu machen.

Das klingt jetzt schon nach gelebtem Alltag. Wann fängt man als Privatmensch denn an, sich angreifbar zu machen?

Man sollte als Nutzer eines Computers ähnlich denken wie mit einem Auto im Straßenverkehr. Ich muss mir im Klaren sein, das abstrakte Gefahren bestehen und muss Sicherheits- und Schutzmechanismen beachten. Dazu zählt zum Beispiel, dass ich, wenn ich über W-lan ins Internet gehe, eine ordentliche Verschlüsselung habe. Dass der Router über eine einigermaßen aktuelle Firmware-Software verfügt. Dass der Rechner auf aktuellem Stand ist und auch Virenschutz zur Verfügung steht. Das sind Anforderungen, die die Rechtsprechung deutlich abfragt, und wo sie auch relativ gnadenlos ist, wenn man merkt, dass da erhebliche Defizite sind. Das heißt: Wenn ich einen ungeschützten Rechner habe und einen ungeschützten Router, und jemand kann deshalb bei mir Malware platzieren, dann bin ich dafür verantwortlich. Dann bin ich ein sogenannter Zustands- oder auch Handlungsstörer und dafür in der Verantwortung.

Häufiger Konfliktstoff im Alltag ist wohl, dass ich das Copyright verletze. Für die Nutzung von Bildern oder Musik. Wo fängt denn das eigentlich an?

Solange ein Privatnutzer – Privat-Nutzer ist wichtig! – irgendwelche Beiträge teilt oder liked, ist er nach der derzeitigen Rechtsprechung nicht in Gefahr, dafür belangt zu werden. Wenn ich mir aus einzelnen Bereichen Bilder heraus kopiere und die in eigene Artikel einstelle, muss ich mir im Klaren sein, dass ich unter Umständen Lizenzbestimmungen beziehungsweise fremdes Urheberrecht berücksichtigen muss.

Auch als Privatmensch…

…auch als Privatmensch! Weil einem unter Umständen dann unterstellt wird, dass der rein private Gebrauch überschritten wird. Es ist ja so, dass den Bildern, die ich irgendwo rauskopiere, zunächst einmal ein Urheberrecht anhaftet. Da macht das Urhebergesetz zunächst einmal keinen Unterschied zwischen privatem oder wirtschaftlichen Gebrauch. Derjenige, der das Urheberrecht hat, hat einzig das Bestimmungsrecht darüber, in welchem Umfang sein Bild tatsächlich genutzt werden darf. Wenn er in seine Lizenzbestimmungen schreibt, dass es im privaten Bereich genutzt werden darf – ohne Einschränkungen – dann ist es eindeutig. Im Zweifel gilt: entweder beim Urheber nachfragen oder den gesamten Beitrag teilen. Dann bin ich auf der sicheren Seite.

Gilt das in gleicher Art für die Musik?

Das ist völlig egal, was für ein Werk es im Endeffekt ist. Der Schutz des Urheberrecht trennt nicht zwischen den einzelnen Datensätzen.

Und wenn man es als Gewerblicher macht? Sagen wir mal: als eine kleine Online-Zeitung. Oder ein Blog. Gilt ein Blog eigentlich als private Plattform oder als gewerbliche?

Das kann man so absolut nicht sagen. Das hängt vom Inhalt ab: Habe ich den Content richtig ausgewählt oder verstoße ich gegen gesetzliche Bestimmungen? Wenn so etwas passiert, und ich bekomme von dritter Seite gesagt, dass ich etwas rausnehmen soll, dann muss ich das prüfen und gegebenfalls auch tun.

Es gibt ja Blog-Betreiber, die finanzieren das, indem da irgendeine Firma etwas drauf platziert. Zum Beispiel einfach Google, die die Plattform für Werbung nutzen. Ist das dann gewerblich?

Ja! Ganz eindeutig ja! In dem Moment, in dem Sie Banner und Werbung zulassen, haben Sie den Bereich des rein Privaten verlassen. Ein Banner reicht schon aus, um das Ganze in einer gewerblichen Struktur zu sehen.

Und im gewerblichen Bereich wird das Copyright weitaus strikter.

Ja, dann wird auch das, was als Content hinterlegt ist, nach diesen Gesichtspunkten beurteilt. Und das ist die Rechtsprechung sehr klar.

Und dabei kann man auch in Fallen tappen, die auf Privatleuten nicht lauern.

Genau! Wenn der Urheber merkt, das mit seinem Werk Gewinn generiert wird, der Dritten zufließt, ist er natürlich daran interessiert, dass möglichst die Früchte seiner Arbeit bei ihm landen.

Es gibt im Internet Datenbanken mit dem schönen Gedanken, dass die kreative Gemeinde sich gegenseitig unterstützt und befruchtet: die so genannten Creative Commens, in denen Bilder und Musik kostenlos bereit gestellt werden. Was muss man denn beachten, wenn man die nutzt? Kann das gefährlich sein?

Auf jeden Fall sollte man sich genau anschauen, was für Spielregeln in den Lizenzbedingungen dort nieder gelegt sind. Denn auch dort gibt es Lizenzbestimmungen. Das heißt, es gibt Verhaltensweisen, die ich beachten muss, wenn ich mich aus diesem Pool bediene. Oft ist es so, dass man verpflichtet ist, eigene kreative Dinge, die man daraus erstellt hat, genau so umgekehrt verpflichtend der Gemeinde wieder zukommen lassen muss. Und wenn man dagegen verstößt, kann man ebenfalls abgemahnt werden. Das gilt selbstverständlich nur für selbst hergestellte Bilder und Musik! Alles andere unterliegt natürlich fremden Urheberrecht und ist meist illegal.

Das klingt kompliziert und nach versteckten Gefahren.

Es wirkt vielleicht auf den ersten Blick kompliziert. Andererseits sind die Mechanismen eigentlich immer dieselben. Man kann sich in der analogen Welt vorstellen, dass jemand, der ein Produkt verkauft, natürlich Interesse hat, damit Geld zu verdienen, und alles, was ich an ihm vorbei mache, auf sein Unverständnis stößt – mindestens. Wir haben jetzt aktuell die Rechtsprechung zu der Frage. Dürfen denn Universitätsbibliotheken die Produkte von Fachbuchverlagen digitalisiert an die Nutzer unentgeltlich weiter geben? Das zeigt: Da ist sehr viel im Fluss, aber die Mechanismen weisen Ähnlichkeiten auf. Wenn man die erkannt hat und daraus Grundregeln erstellt, dann brauche ich keine Angst davor zu haben. Das Internet ist nicht weg zu denken und bietet so viele Möglichkeiten, dass der Rückschluss falsch wäre zu sagen: Dann halte ich mich lieber fern davon. Oder bildlich: Je mehr Autos im Straßenverkehr sind, desto mehr muss ich auf Abstände und Sicherheit achten. So ist es auch im Internet.

Aber das Internet-Copyright erscheint dennoch kompliziert, und es scheint anders zu funktionieren, als man es aus dem analogen Bereich kennt. Jeder kann nachvollziehen: Wenn man jemandes Werk nutzt, dass da mindestens der Name drunter steht. Aber im Internet scheint es wesentlich mehr Auflagen zu geben.

Ja, sehr viele Probleme entstehen daraus, dass, wenn man sich bei Portalen bedient, die offenkundig mit der Kostenfreiheit von Bildern werben, man in die Fall tappt, es einfach kostenlos zu nutzen. Man muss aber in die Lizenzbedingungen schauen. Sehr oft geht damit die Verpflichtung einher, dass der Urheber direkt unter dem Bild benannt wird. Und da reicht es nicht aus, auf den eigenen Webseiten eine gesonderte Autoren-Seite zu erstellen….

…obwohl das in Büchern sehr oft der Fall ist.

Ja. Hier werden die Printmedien anders behandelt, als die digitale Welt. Die Verpflichtung einer Verlinkung liegt darin begründet, dass die Urheber sagen: Uns geht es in erster Linie darum, bekannt zu werden und uns einen Namen zu machen. Man soll unkompliziert sehen können: Der Urheber hat auch noch andere Werke geschaffen. So soll die Bekanntheit gepusht werden. Das wird als legitime Einschränkung der Nutzungsfreiheit gewertet, das entspricht dem Gesetz und wird von Gerichten so bestätigt.

Eine kryptisch erscheinende Größe des Internets ist auch das Impressum. Das scheint ja auch komplizierter geworden zu sein…

Ja!

Welchen Stellenwert nimmt das Impressum in Ihrem Beratungsalltag ein?

Einen sehr großen! Das ist ein Punkt, der von uns stets mit behandelt wird. Viele Webseiten-Betreiber verkennen, wann sie überhaupt ein Impressum machen müssen, wo sie ein Impressum hinterlegen müssen – wann man also in den gewerblichen Bereich eintritt. Da geht es schon los, wenn ich mich auf Social Media-Portalen wie Xing oder Facebook bewege, ist eine Impressumspflicht gegeben. Und zwar in einem Umfang wie auf meinen eigenen Webseiten auch. Das muss man wissen: Bei der Frage der Gewerblichkeit geht es nicht nur um die Gewinnerzielungsabsicht, sondern auch um die Vergrößerung meiner Bekanntheit, die einen direkten Einfluss auf meine gewerbliche Tätigkeit, den Umsatz, den Gewinn hat. Im Zweifelsfall soll man bei der restriktiven Rechtsprechung eher davon ausgehen, dass es sich um eine gewerbliche Nutzung handelt.

Impressen sind im Internet sehr umfangreich, warnen vor allen möglichen Dingen. Wie komme ich bei der Gestaltung auf die sichere Seite?

Ganz klar, auch wenn man meint: Was soll jetzt von einem Anwalt kommen? Ohne rechtliche Beratung geht es nicht. Ein Impressum-Generator hilft da keineswegs weiter! Es gibt zu viele zu berücksichtigende Umstände, die bei diesen Generatoren oft nicht vollständig vorhanden sind. Und man sollte genau in die Strukturen schauen: Wie ist die Seite aufgebaut, mit welchen Komponenten arbeitet sie? Da lohnt sich ein genauerer Blick. Cookie ist zum Beispiel nicht gleich Cookie. Bei vorübergehend genutzten, reicht ein allgemeiner Hinweis. Bleibt ein Cookie auf dem anderen Rechner, brauche ich dessen Einverständnis.

Man bekommt manchmal den Eindruck, dass aus Fehlern bei der Internet-Nutzung schon eine Industrie geworden ist. Jeder kennt den Begriff Abmahnanwalt. Damit haben Sie in Ihrer Praxis auch zu tun. Wie viel Gefahr läuft man, einem Abmahnanwalt vor die Flinte zu laufen? Wo ist die größte Gefahr?

Die größte Gefahr ist bei Privatpersonen, wenn ich mich um die Sicherheit meines Rechners gar nicht kümmere oder auf fraglichen Seiten surfe. Im gewerblichen Bereich, zum Beispiel, wenn ich Waren anbiete, muss ich darauf achten, dass ich bei den Beschreibungen sehr sorgfältig bin. Da gibt es eine riesige Palette möglicher Stolperfallen. Da sind vor allem Online-Händler sehr stark im Fokus der Abmahnindustrie.

Bei Online-Händler denkt man immer an Amazon, Zalando und so. Aber die meinen Sie gar nicht. Sie meinen den Einzelhändler, der Waren im Internet anbietet?

Ja, jemanden, der im Internet anbietet – und auch diejenigen, die über Ebay als sogenannte Power-Seller geführt werden. Die also ein gewisses Quantum an Verkäufen im Internet generieren. Da ist häufige Frage bei Gerichten: Ist man mit 30 Verkäufen im Jahr schon dabei oder erst mit 50? Im Einzelfall muss man schauen, was für ein wirtschaftliches Interesse dahinter steckt. Wenn es wirtschaftlich ist: Dann greift die volle Bandbreite aller Verpflichtungen und Belehrungspflichten.

-Ende des Interviews-